Alarmierende Abschiebezahlen – auch in Freiburg

Mindestens zwei laufende Abschiebungen mussten im August in Baden-Württemberg gestoppt werden, weil hochschwangere Frauen betroffen waren, die gar nicht abgeschoben werden dürfen. Dies zeigt die Rücksichtslosigkeit, mit der die Abschiebemaschinerie weiterläuft. Die Zahlen sind alarmierend hoch. Abgeschoben werden weiterhin auch Roma, trotz eines Beschlusses des Gemeinderat, der sich dagegen ausgesprochen hat. Hier zeigt sich, dass die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten falsch und menschenverachtend ist.

Am vergangenen Freitag, den 16. September, wurde eine alleinstehende Frau aus Freiburg in den Kosovo abgeschoben, am 30. August eine ganze Familie mit kleinen Kindern, Angehörige der Roma-Minderheit der Ashkali. Erst einen Monat zuvor, am 29. Juli, war ebenfalls eine Familie aus Freiburg mit fast neugeborenem Baby abgeschoben worden. Im August wurden uns zwei Fälle aus dem Kreis Emmendingen und dem Bodenseekreis bekannt, wo die Behörden versuchten, hochschwangere Frauen abzuschieben, obwohl diese im Mutterschutz nicht abgeschoben werden dürfen. In einem Fall wurde der Ehemann zunächst in Abschiebehaft genommen. Im zweiten Fall weigerte sich der Pilot eines Linienfliegers, mit der gesundheitlich angeschlagenen Frau zu fliegen. Er hat vorbildlich gehandelt! In Kirchzarten wurde ein junger Bäcker direkt vom Arbeitsplatz abgeschoben.

Insgesamt wurden laut SWR dieses Jahr schon 2401 Menschen aus Baden-Württemberg abgeschoben, d.h. fast so viele wie im ganzen vergangenen Jahr. Allein im August wurden 278 Menschen per Sammelabschiebung aus Baden-Württemberg abgeschoben. Dabei handelt es sich um die fast wöchentlichen Charterflüge, mit denen Menschen nach Serbien, Mazedonien, Albanien und in den Kosovo abgeschoben werden. Hinzu kommen noch Abschiebungen einzelner Personen oder Familien mit Linienflügen, die in diese und viele weitere Länder führen. Nicht einberechnet sind auch die vielen Menschen, die sich aus Angst vor Abschiebung zur selbständigen Ausreise gezwungen sahen, wie z.B. kürzlich eine alleinerziehende Mutter aus Freiburg. Die Gesamtzahl liegt also noch höher. 278 Personen in nur einem Monat, das sind zahlreiche Babys, Kinder und Jugendliche, viele Angehörige der Minderheit der Roma, für die ihre Herkunftsländer nachweislich alles andere als „sicher“ sind. Am 9. September wurden 91 Menschen nach Serbien und Mazedonien abgeschoben, davon über zwei Drittel Roma und über die Hälfte Kinder.

Die Momentaufnahme aus dem August zeigt: Die Diskussion um Angela Merkels vermeintlich allzu offene Flüchtlingspolitik entbehrt jeder Grundlage. Denn die Realität sieht völlig anders aus. Ohne ernstliche Gegenwehr wurden Gesetze etabliert, die basale Rechte von Flüchtlingen aushebeln und Abschiebungen erleichtern, ohne dass auch nur die Fluchtgründe ordentlich geprüft würden. Die Öffentlichkeit hat die fatale Zweiteilung von Flüchtlingen in solche „mit“ und „ohne Bleiberechtschancen“ mit all ihren Folgen weitgehend hingenommen, ohne ernstlich über den Unsinn und die Gefahr solcher Vorverurteilung und Selektion von Menschen zu diskutieren. Getragen wird diese Politik von Parteien der angeblichen Mitte, einschließlich der Grünen. Dass diese von offen nationalistischen und rassistischen Gruppierungen herausgefordert werden, macht ihre eigene Politik nicht besser. Es liegt also an der Zivilgesellschaft, endlich dagegen aufzustehen. Derzeit sind die rassistischen Stimmen sehr laut, aber das heißt nicht, dass sie in der Mehrheit sind. Wie viele haben letztes Jahr Flüchtlinge willkommen geheißen! Sie und alle, die geflüchtete Menschen kennen, die beruflich oder privat mit ihnen zu tun haben, als Sozialpädagogen oder Arbeitgeberinnen, Lehrer oder Ehrenamtliche, Kolleginnen oder Freunde, oder die einfach ein Gewissen haben, sind aufgerufen, gegen Abschiebungen zu protestieren!

Freiburg, 23. September 2016

Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung

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