Offener Brief an die Landesregierung von Baden-Württemberg – Für einen (Winter)-Abschiebestopp in die Länder des Balkans

Während der Corona-Pandemie darf nicht abgeschoben werden!

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Offener Brief | Baden-Württemberg schiebt weiterhin Menschen in die Länder des West-Balkans ab: Zuletzt wurde am 12. Oktober nach Pristina/Kosovo und am 20. Oktober nach Tirana/Albanien abgeschoben. Zwei Länder, die von der Corona-Pandemie aktuell besonders betroffen sind. Das Auswärtige Amt hat für beide Länder eine Reisewarnung ausgesprochen. Engpässe in der medizinischen Versorgung und Ausrüstung gehören in beiden Ländern zur Normalität. Zur Lage im Kosovo erklärt das Amt u.a: „Es bestehen nur sehr geringe Kapazitäten für intensivmedizinische Behandlungen.“ Im Kosovo besteht eine nächtliche Ausgangssperre. Personen über 65 Jahren und chronisch Kranke dürfen ihre Wohnung nur morgens zwischen 5 und 10 Uhr und abends zwischen 18 und 21 Uhr verlassen. Auch Albanien ist laut Robert-Koch-Institut und Auswärtigem Amt Risikogebiet. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen nach Albanien. Griechenland hat die Grenze zu Albanien wegen der Pandemie geschlossen.

Polizeilich abgeschoben werden auch Roma und Ashkali, die in ihrem alltäglichen Leben einer strukturellen Diskriminierung auf dem Balkan ausgesetzt sind. Das hat zuletzt der Europarat im Dezember 2019 für Serbien festgestellt. Aktuell fordern EU-Abgeordnete2 Maßnahmen gegen strukturelle Diskriminierungen von Roma. Prekäre oder gänzliche fehlende Arbeitsverhältnisse, mangelnde soziale Absicherung und schlechte Wohnverhältnisse, die das Einhalten von Hygieneregeln unmöglich machen, prägen das Leben vieler Minderheitsangehöriger. Ebenso die Gefahr von Übergriffen aus der Mehrheitsbevölkerung beziehungsweise seitens der Polizei.

Im Oktober 2020 wurde ein älteres Ehepaar, 66 und 64 Jahre alt, aus dem Landkreis Biberach in den Kosovo abgeschoben. Beide lebten fast 29 Jahre mit einer Duldung in Deutschland. Beide sind krank und Corona stellt für sie ein hohes Risiko dar. Sie gehören der Minderheit der Ashkali an. Morgens um 7 Uhr wurden sie von der Polizei abgeholt. Ihre erwachsenen Kinder wussten lange Zeit nicht, wo sich ihre Eltern aufhalten. Auch die im September 2019 abgeschobenen Tahiri-Schwestern, die 20 Jahre mit einer Duldung im Landkreis Tuttlingen lebten und nach Serbien abgeschoben wurden, haben trotz Hilfe von Caritas Serbien noch immer keine serbischen Identitätspapiere, d.h. sie leben bis heute rechtlos und ohne Zugang zur Gesellschaft in Serbien. Sie sind besonders von der aktuellen Corona-Pandemie betroffen.

Die Abschiebepolitik des Innenministeriums von Baden-Württemberg muss sich sofort ändern. Die Abschiebungen in die Balkan-Staaten müssen gestoppt werden. Vor allem langjährig hier lebende, kranke und behinderte Menschen müssen umgehend eine bedingungslose Aufenthaltsmöglichkeit erhalten. Etwa ein Drittel der Abgeschobenen der letzten Jahre sind Kinder und Jugendliche. Auch fordern wir die Beachtung des Kindeswohls ein und deshalb den Verzicht auf Kinderabschiebungen.

Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung

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