Willkommenszelt an der BEA

Heute sind die ersten Geflüchteten in der Freiburger Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle (BEA) in der Lörracher Straße in Freiburg untergebracht worden. In den nächsten Tagen werden weitere Flüchtlinge ankommen, insgesamt sollen dann mindestens 500 Flüchtlinge in den Zelten wohnen.

Aus diesem Anlass gibt es seit heute direkt gegenüber der BEA ein Willkommenszelt für Refugees. Das Zelt wurde heute Nachmittag eröffnet. Es wird von diversen Freiburger Gruppen und Einzelpersonen mitgetragen, darunter Aktion Bleiberecht, SAGA, medinetz und dem Freiburger Forum.

Im Zelt gibt es Infomaterial in diversen Sprachen zum Asylverfahren und zu unabhängigen Unterstützungsmöglichkeiten in Freiburg, außerdem Kaffee, Tee und Austauschmöglichkeiten. Es soll auch Raum sein für weitere Ideen.

Ihr seid alle herzlich eingeladen, euch am Willkommenszelt zu beteiligen! Kommt einfach vorbei, es werden morgen und in den nächsten Tagen den Tag über Menschen dort sein. Morgen um 18 Uhr wird es ein offenes Plenum geben, wer sich also weiter einbringen mag, kommt am besten dort hin.

Im Folgenden die Pressemitteilung der „No Lager!“-Initiative zur Eröffnung des Zeltes (hier als PDF). Aktuelle Informationen gibt es im Blog der Iniative.

PRESSEMITTEILUNG der „No Lager!“-Initiative Freiburg, 05.09.2015

Willkommenszelt für Geflüchtete gegenüber der Freiburger Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle (BEA)

Zur Eröffnung der Bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle (BEA) in Freiburg wollen wir die Geflüchteten mit einem Willkommenszelt begrüßen. In den letzten Wochen haben sich über hundert Menschen zu diesem Ziel zusammengefunden. Wir sind ein unabhängiger Zusammenschluss von flüchtlingssolidarischen Gruppen und Einzelpersonen und wollen den Menschen, die in der BEA untergebracht sind, unsere praktische Solidarität im Kampf für Selbstbestimmung und gegen Entrechtung anbieten.

In dem Willkommenszelt werden wir unabhängige Informationen zum Asylverfahren in mehreren Sprachen zur Verfügung stellen, Adressen zu selbstverwalteten Initiativen zur Unterstützung von Geflüchteten vermitteln und, wo gewünscht, Geflüchtete solidarisch in ihren Bedürfnissen unterstützen. Wir freuen uns über weitere Ideen und Unterstützung. Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten und aktuellen Entwicklungen sind auf http://nolagerfreiburg.blogsport.eu/ zu finden.

Derzeit herrscht eine Stimmung, wo einerseits viele Menschen Geflüchteten helfen wollen, andererseits die bloße Zahl an Menschen, die hierher kommen, nur noch als Problem erscheint, das es zu „verwalten“ und zu „bewältigen“ gilt. Die Lebensrealität der Menschen hinter den Zahlen wird dabei verdrängt; anstatt Formen für ein menschenwürdiges Leben zu finden, begnügt man sich mit der Einrichtung von Massenlagern. Der vorgebliche „Notstand“ ist dabei hausgemacht: Seit Jahrzehnten wurde der soziale Wohnungsbau und der Ausbau dezentraler Flüchtlingsunterkünfte vernachlässigt – von der Mitverantwortung des deutschen Staates für die Fluchtgründe vieler Menschen, die nun hier Zuflucht suchen, ganz zu schweigen.

Die Unterbringung Geflüchteter in Lagern ist nach wie vor Teil einer ausgrenzenden und abschreckenden Flüchtlingspolitik, die den Geflüchteten das Recht auf Selbstbestimmung und Sicherheit verwehrt. In Erstaufnahmelagern, wie der BEA und zukünftig der LEA, wird die Selektion nach den Kategorien „richtiger“ und „falscher“ Geflüchteter forciert, denn Menschen aus angeblichen „sicheren Herkunftsländern“ sollen die Lager nicht mehr verlassen und von dort direkt abgeschoben werden. Die Isolierung Geflüchteter in eingezäunten und überwachten Massenunterkünften, ihre ausgrenzende Sonderbehandlung etwa durch die Abgabe von Fingerabdrücken, die Wohnsitzauflage (d.h. die Verpflichtung in Massenunterkünften untergebracht zu sein, auch wenn es andere Möglichkeiten gäbe) und weitere bevormundende Maßnahmen wie Sach- statt Geldleistungen lehnen wir ab.

Dass die unmittelbaren Lebensumstände in der BEA schwer erträglich sein werden, ist offensichtlich und wurde seit der Begehung der Zelte vielfach beschrieben: Das Gelände ist von einem Stacheldrahtzaun umgeben, die Schlafplätze auf engstem Raum im Massenzelt gewähren weder Ruhe noch Privatsphäre, es gibt keinen besonderen Schutz für Familien und alleinstehende Frauen. Die Zahl der sanitären Einrichtungen ist ungenügend. Fertigessen und Eingangskontrollen bestimmen den Tagesablauf. Es wird an sozialer, medizinischer und psychologischer Betreuung und Übersetzungsangeboten mangeln. Statt dessen ist ein Sicherheitsdienst vor Ort, der Einlasskontrollen durchführen wird. Das Gelände wird von dem Unternehmen European Home Care betrieben, das beispielsweise in Burbach in die Misshandlung von Geflüchteten verstrickt war.

Wir lehnen es ab, in unserer Unterstützungsarbeit als „Feigenblatt“ einer nach wie vor ausgrenzenden Flüchtlingspolitik instrumentalisiert zu werden. Wenn wir Geflüchtete unterstützen, tun wir das aus Solidarität mit diesen Menschen.

Mit unserem Engagement für die Rechte Geflüchteter verbinden wir eine klare Kritik an solchen Sammellagern und deren Ablehnung. Die Alternative zu Sammellagern ist dezentrale Unterbringung.

Wir fordern, dass die „offene“ Stadt Freiburg – entgegen ihren bisherigen Äußerungen – auch nach der Eröffnung der vom Land finanzierten BEA und später der LEA Geflüchtete dauerhaft aufnimmt!

Wir fordern ein Bleiberecht für alle Menschen, die hier Zuflucht suchen, die selbstbestimmte Wahl des Wohnortes und einen Ausbau des sozialen Wohnungsbaus für alle Menschen, egal, welchen Pass sie in der Tasche haben!

Nolager Freiburg – Gegen die ausgrenzende Sonderbehandlung!
http://nolagerfreiburg.blogsport.eu/

An der Initiative sind unter anderen beteiligt:

Aktion Bleiberecht Freiburg
Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung
medinetz Freiburg
SAGA – Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebung
Anarchistische Gruppe Freiburg
Antifaschistische Initiative Freiburg
Autonome Demosanis Freiburg
Feministisches Zentrum Freiburg
FAU – Freie Arbeiter*innen Union Freiburg
Radio Bleiberecht
Recht auf Stadt-Netzwerk Freiburg
Stadt selber machen
Diverse Einzelpersonen

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